INTERAKTIV STEUERN JULI 2023
INTERAKTIV STEUER JULI 2023
1. Erwerb hochpreisiger PKWs:
BFH schränkt Vorsteuerabzug ein
Manch ein Kfz-Liebhaber kauft Fahrzeuge an, weil er sich eine hohe Wertsteigerung verspricht. Dies betrifft zumeist limitierte Sondereditionen, die dann erst gar nicht im Straßenverkehr genutzt, sondern zum Teil sogar vor Staub geschützt in besonderen Hallen aufbewahrt werden. Für diese Fälle, in denen es nicht um Repräsentationsaufwand geht, sondern um die Spekulation auf eine Wertsteigerung, hatte das FG Baden-Württemberg zunächst entschieden, dass den Käufern der Vorsteuerabzug zu gewähren sein kann. Dies gelte auch dann, wenn es sich um branchenfremde Steuerpflichtige handele. Dem hat der BFH nun eine Absage erteilt.
Entscheidungen des BFH (V R 26/21 und V R 27/21)
Der BFH schlägt sich argumentativ auf die Seite des Finanzamts und lässt den Vorsteuerabzug bereits an der Unternehmereigenschaft scheitern. Nach Ansicht des BFH spricht die Lagerung eines nicht angemeldeten Fahrzeugs für dessen Verwendung als Sammlerstück. Autosammler seien regelmäßig keine Unternehmer.
Die PKW-Erwerbe stellten auch keine sog. Hilfsgeschäfte dar. Zwar seien Unternehmer auch für jede weitere gelegentlich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit Unternehmer. Dies gelte jedoch nur, sofern diese Tätigkeit ihrerseits einer wirtschaftlichen Tätigkeit entspricht. Ferner könnten die Fahrzeugerwerbe nicht als unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung der originären Unternehmenstätigkeit gelten.
Auswirkungen auf die Praxis
Der BFH präzisiert und verschärft die Anforderungen der Unternehmenszugehörigkeit gelegentlicher Umsätze. Im Grundsatz gilt, dass das Unternehmen die gesamte unternehmerische Tätigkeit umfasst. § 2 Abs. 1 S. 3 UStG setzt keine Nachhaltigkeit jeder einzelnen Tätigkeit voraus. Dies entspricht auch der bisherigen Ansicht der Finanzverwaltung in Abschn. 2.7 Abs. 2 Sätze 1–3 UStAE. Demnach fallen Hilfsgeschäfte in die unternehmerische Sphäre und umfassen alle Tätigkeiten, die die Haupttätigkeit mit sich bringt, ohne dass es auf die Nachhaltigkeit ankommt. Wann die Haupttätigkeit etwas „mit sich bringt“, muss fortan enger verstanden werden:
- Gelegentlich ausgeübte Tätigkeiten fallen nur dann in den Rahmen des Unternehmens und berechtigen zum Vorsteuerabzug, wenn sie die steuerbare Haupttätigkeit unmittelbar, dauernd und notwendig erweitern.
- Auch Hilfsgeschäfte müssen isoliert betrachtet eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. d. Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL darstellen. Das Handeln muss sich insoweit von dem einer Privatperson unterscheiden.
Unbeantwortet lässt der BFH die Frage, wann genau gelegentliche Geschäfte die unternehmerische Haupttätigkeit unmittelbar, dauerhaft und notwendig erweitern. Hier sind in der Praxis durchaus Konstellationen denkbar, die zu einer Zuordnung zum Unternehmern führen und den Vorsteuerabzug ermöglichen. Unternehmer müssen zur Sicherung des Vorsteuerabzugs in ähnlich gelagerten Fällen eine wirtschaftliche Verbindung zur unternehmerischen Haupttätigkeit herstellen. Es muss belegt werden können, dass sich der gelegentliche Erwerb von einem privaten Erwerb unterscheidet.
2. Auszeit vom Beruf
Sabbatjahr lässt sich steuergünstig über Zeitwertkonto finanzieren
Einfach mal im Job pausieren und aus dem Hamsterrad des Arbeitslebens aussteigen – diesen Wunsch hegen wohl viele Erwerbstätige in Zeiten steigender Arbeitsverdichtung. Wer eine berufliche Auszeit plant, steht allerdings schnell vor der Frage, wie sie sich am besten finanzieren lässt. Über ein Zeitwertkonto kann ein Guthaben steuergünstig angespart werden, in der Freistellungsphase greifen dagegen dann meist deutlich geringere Steuersätze – ein interessantes Modell!
Eine beliebte Variante ist hierbei, im Vorfeld des Sabbatjahres auf Lohn zu verzichten. In den Monaten vor der geplanten Pause wird dann in Vollzeit gearbeitet aber nur ein Teilzeitlohn gezahlt, so dass der angesparte Betrag vom Arbeitgeber auf einem Zeitwertkonto geparkt werden kann. So entsteht ein Guthaben, mit dem der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer während der Auszeit dann bezahlen kann. Während der Freistellung wird dann also ein Teilzeitgehalt fortgezahlt.
Steuerlich ist dieses Modell interessant, denn auf einem Zeitwertkonto eingezahlte Bruttogehälter sind in der Ansparphase sozialabgaben- und steuerfrei. Arbeitnehmer müssen erst die Auszahlungen aus dem Konto versteuern, zu diesem Zeitpunkt sind die Steuerabzüge dann aber in der Regel geringer, da nur ein Teil des Gehalts fließt und deshalb auch der Steuersatz niedriger ausfällt. Weiterer Vorteil des Zeitwertkontenmodells ist, dass der Arbeitnehmer während seiner Auszeit ununterbrochen sozialversichert bleibt und weiterhin von den Arbeitgeberzuschüssen zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung profitiert.
Wer seinen Arbeitgeber nicht von der Einrichtung eines Zeitwertkontenmodells überzeugen kann, muss andere Wege gehen, um sein Sabbatjahr zu realisieren. Denkbar ist es beispielsweise, für den gewünschten Zeitraum einen Antrag auf unbezahlten Urlaub zu stellen. Nachteil dieser Variante ist allerdings, dass das Sabbatjahr dann ohne Gehaltsfortzahlung abläuft. Somit muss sich der Arbeitnehmer im Vorfeld selbst ein finanzielles Polster aufbauen. Zu den weiteren Nachteilen gehört, dass während der Auszeit keine Arbeitgeberzuschüsse zur Sozialversicherung mehr fließen und die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus eigener Tasche aufgebracht werden müssen.
Hinweis: Anders als Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst haben Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft keinen Anspruch auf eine befristete Auszeit vom Job. Letztere müssen also zunächst ihren Arbeitgeber von der Idee überzeugen.
Fundstellen:
Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V., Pressemitteilung v. 08.05.2023; www.vlh.de
3. 49-EUR-Ticket:
So bleiben Zuschüsse steuerfrei
Das ab 1.5.2023 geltende Deutschlandticket können Arbeitgeber so wie das schon bekannte Jobticket behandeln. Sie können es ihren Beschäftigten verbilligt überlassen, komplett zahlen oder vom Beschäftigen selbst gekaufte Tickets ganz oder teilweise erstatten. Gewusst wie, geht das ganz oder teilweise steuer- und beitragsfrei.
Grundvoraussetzungen für die Steuerbefreiung
Zuschüsse, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu deren Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel gewähren, bleiben steuerfrei, sofern sie der Höhe nach die tatsächlichen Ticketkosten nicht überschreiten (§ 3 Nr. 15 Einkommensteuergesetz). Die Steuerbefreiung führt zudem zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung. Arbeitgeber dürfen nicht vergessen, Fahrtkostenzuschüsse im Lohnkonto aufzuzeichnen, in der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen und Belege über die vom Arbeitnehmer gekauften und genutzten Fahrausweise aufzubewahren.
Gesamtkosten beachten
Zum letztjährigen 9-EUR-Ticket hatte es die Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn für die Monate Juni bis August 2022 die Zuschüsse des Arbeitgebers die jeweiligen Monatsaufwendungen des Arbeitnehmers überstiegen, sofern die Zuschüsse auf das Kalenderjahr 2022 betrachtet insgesamt nicht höher waren als die Gesamtkosten. Auf Anfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer teilte das Bundesfinanzministerium mit, dass eine analoge Regelung für das 49-EUR-Ticket derzeit nicht geplant sei.
Beachten Sie: Zahlen Arbeitgeber höhere Zuschüsse als dem Arbeitnehmer Kosten entstehen, stellt der Überschuss steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, von dem Lohnsteuer und Sozialbeiträge einbehalten werden müssen. Insofern sollten Arbeitgeber eventuell schon eingeführte Zuschüsse an die Höhe der (jetzt oft günstigeren) Ticketpreise anpassen.
Fundstellen:
IHK Regensburg „49-EUR-Ticket und Lohnsteuer“
4. Hausverkauf nach Scheidung:
Übertragung der eigenen Eigentumshälfte kann Spekulationsgewinn auslösen
Wenn Sie eine Immobilie des Privatvermögens innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist veräußern, müssen Sie den realisierten Wertzuwachs als Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften versteuern. Keine Versteuerung muss hingegen bei einer Veräußerung binnen zehn Jahren erfolgen, wenn die Immobilie zuvor selbst genutzt wurde. Nach dem Einkommensteuergesetz muss hierzu eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken entweder
• im kompletten Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung oder
• im Veräußerungsjahr und den beiden vorangegangenen Jahren
vorgelegen haben.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass ein steuerpflichtiger privater Veräußerungsgewinn erzielt wird, wenn ein geschiedener Ehegatte im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach einer Ehescheidung seinen Miteigentumsanteil am gemeinsamen Einfamilienhaus an den früheren Ehepartner verkauft und er schon Jahre vorher aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen ist.
Im zugrunde liegenden Fall hatten Eheleute ab 2008 gemeinsam mit ihrem Sohn ein Einfamilienhaus bewohnt, das im hälftigen Miteigentum beider Partner stand. Als die Ehe in die Krise geriet, zog der Mann im Jahr 2015 aus. Die Ehefrau blieb mit dem gemeinsamen Kind in der Immobilie wohnen. Zwei Jahre später verkaufte der Mann seinen Miteigentumsanteil an seine Ex-Frau, nachdem diese ihm die Zwangsversteigerung der Immobilie angedroht hatte. Das Finanzamt besteuerte den erzielten Wertzuwachs als privaten Veräußerungsgewinn und erhielt hierfür nun grünes Licht vom BFH.
Die Bundesrichter erklärten, dass der Mann die Immobilie weder durchgängig noch im Jahr der Veräußerung und in den beiden Vorjahren selbst genutzt habe, da er bereits im Jahr 2015 ausgezogen sei. Zwar könne eine mittelbare Nutzung zu eigenen Wohnzwecken darin gesehen werden, dass der Mann seinem Sohn die Immobilie unentgeltlich zur Nutzung überlassen habe. Ausschlaggebend sei hier aber die Nutzung durch die geschiedene Ehefrau und diese könne nicht mehr als Eigennutzung durch den Ehemann gesehen werden (sog. schädliche Mitbenutzung).
Hinweis: Eine Zwangslage, die das Vorliegen eines privaten Veräußerungsgeschäfts hätte ausschließen können (wie z.B. bei einer Enteignung oder einer Zwangsversteigerung), lag nicht vor. Zwar hatte die geschiedene Ehefrau ihren Ex-Partner erheblich unter Druck gesetzt, letztlich hatte dieser aber seinen Anteil an dem Einfamilienhaus freiwillig an seine geschiedene Frau veräußert.
Fundstellen:
BFH, Urt. v. 14.02.2023 – IX R 11/21; www.bundesfinanzhof.de
5. Wegzug ins Ausland kann teuer werden –
BFH setzt dem Finanzamt Grenzen bei der Auslegung
Bei Wegzug aus Deutschland wird ein Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften fingiert. Ausnahme: es erfolgt eine Rückkehr binnen 7 Jahren. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass es für die Anwendbarkeit der Rückkehrregelung nicht erforderlich ist, dass der Anteilseigner bereits im Zeitpunkt des Wegzugs aus Deutschland eine Rückkehrabsicht hat. Die Bundesrichter sahen hierfür keine hinreichende Grundlage im Wortlaut des Gesetzes.
Wer wesentliche Anteile an einer Kapitalgesellschaft hält (mindestens 1 %) und seine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland beendet, indem er seinen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aufgibt, muss sich einer Wegzugsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz unterziehen. In diesem Fall muss er für seine gehaltenen Kapitalgesellschaftsanteile einen Veräußerungsgewinn versteuern. An die Stelle des Veräußerungspreises tritt der gemeine Wert der Anteile. Es existiert jedoch eine Rückkehrregelung, die den Steuerzugriff nachträglich wieder abwendet: Beruht die ursprüngliche Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Anteilseigners und wird er innerhalb von sieben Jahren nach Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland wieder unbeschränkt steuerpflichtig, so entfällt der Steueranspruch unter gewissen Voraussetzungen wieder.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass es für die Anwendbarkeit der Rückkehrregelung nicht erforderlich ist, dass der Anteilseigner bereits im Zeitpunkt des Wegzugs aus Deutschland eine Rückkehrabsicht hat. Die Bundesrichter sahen hierfür keine hinreichende Grundlage im Wortlaut des Gesetzes.
Hinweis: Mit dieser Entscheidung widerspricht der BFH der Finanzverwaltung, die einen bereits bei Wegzug bestehenden Willen zur Rückkehr (samt entsprechender Glaubhaftmachung) fordert. Nach der BFH-Rechtsprechung ist es hingegen zulässig, dass der Anteilseigner seinen Rückkehrwillen erst innerhalb der sieben Jahre nach dem Wegzug aus Deutschland ausbildet.
Fundstellen:
BFH, Urt. v. 21.12.2022 – I R 55/19; www.bundesfinanzhof.de
6. International tätige Unternehmen aufgepasst:
Finale ausländische Betriebsstättenverluste sind nicht abziehbar
Eine wichtige Entscheidung für international tätige deutsche Unternehmen: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat festgestellt, dass sie Verluste aus einer im EU-Ausland gelegenen Niederlassung nicht steuermindernd mit im Inland erzielten Gewinnen verrechnen dürfen, wenn für die ausländischen Einkünfte nach dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen kein deutsches Besteuerungsrecht besteht. Dies gilt auch, wenn die Verluste im Ausland steuerrechtlich unter keinen Umständen verwertbar und damit „final“ sind.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine in Deutschland ansässige Bank im Jahr 2004 in Großbritannien eine Zweigniederlassung eröffnet. Nachdem die Zweigniederlassung jedoch durchgehend nur Verluste erwirtschaftet hatte, wurde sie im Jahr 2007 wieder geschlossen. Da die Filiale niemals Gewinne erzielt hatte, konnte die Bank die in Großbritannien erlittenen Verluste dort steuerlich nicht nutzen. Der BFH erklärte, dass die Verluste auch in Deutschland nicht abziehbar seien, denn nach dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen unterlägen Betriebsstätteneinkünfte aus Großbritannien nicht der deutschen Besteuerung.
Entscheidend ist dabei die sogenannte Symmetriethese, nach der die abkommensrechtliche Steuerfreistellung ausländischer Einkünfte sowohl positive als auch negative Einkünfte – also Verluste – umfasst. Vergleichbare Regelungen sind in einer Vielzahl der von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen enthalten. Wie der BFH nach Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) weiter entschied, verstößt dieser Ausschluss des Verlustabzugs auch im Hinblick auf sogenannte finale Verluste nicht gegen das Unionsrecht.
Hinweis: Ursprünglich gingen sowohl der EuGH als auch der BFH davon aus, dass aus Gründen der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit ein Verlustabzug möglich ist, wenn und soweit der Steuerzahler nachweist, dass die Verluste im ausländischen Betriebsstättenstaat „final“ sind. Ein EuGH-Urteil aus dem Jahr 2015 war dann aber vom BFH als Aufgabe dieser Rechtsprechung verstanden worden. Nachdem jedoch aufgrund weiterer EuGH-Entscheidungen Zweifel daran aufgekommen waren, hatte der BFH den EuGH erneut zur Klärung angerufen. Dieser hat sein Urteil von 2015 – und damit im Ergebnis die Aufgabe der früheren Rechtsprechung – bestätigt.
Fundstellen:
BFH, Urt. v. 22.02.2023 – I R 35/22 (I R 32/18); www.bundesfinanzhof.de
7. Erweiterte Kürzung:
Gewerblicher Grundstückshandel und die Drei-Objekt-Grenze
Unternehmen, die vor allem Grundstücke vermieten, können auf Antrag von der Gewerbesteuer befreit werden. Vor allem bei GmbHs kann sich hier eine äußerst günstige Steuerbelastung auf die Mieterträge ergeben. Dies gilt aber nur, wenn keine „schädlichen“ Tätigkeiten wie beispielsweise ein gewerblicher Grundstückshandel festgestellt wird. Das Finanzgericht Hamburg (FG) musste in einem Streitfall darüber entscheiden, ob die Voraussetzungen hierfür vorlagen.
Grundlagen
Wenn Sie mehrere Grundstücke verkaufen, wirft das Finanzamt auf diesen Verkauf einen genaueren Blick, denn es gilt die sogenannte Drei-Objekt-Grenze. Bis zu dieser Grenze wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass eine Vermögensverwaltung vorliegt. Bei mehr als drei Objekten geht man davon aus, dass ein Gewerbebetrieb vorliegt, für den Gewerbesteuer gezahlt werden muss. Ausgenommen sind Grundstücke, die länger als 5 Jahre vermietet werden.
Zum Urteilsfall
Der A-Konzern, zu dem die Klägerin gehört, betreibt im Wesentlichen den An- und Verkauf von bebauten und unbebauten Grundstücken. Die Klägerin selbst ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, die ebenfalls im Immobilienbereich tätig ist. 2012 erwarb sie ein Grundstück, das mit einer als Einzelhandelsgeschäft genutzten Gewerbeimmobilie bebaut war. Das Gebäude wurde von einem Mieter genutzt. Mit der H-GmbH, die auch zum A-Konzern gehört, vereinbarte die Klägerin die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen. Nach umfangreichen Modernisierungen veräußerte die Klägerin das Grundstück 2014 an die K-GmbH. Die Klägerin beantragte die erweiterte Kürzung der Gewerbesteuer, die auch genehmigt wurde. Nach einer Außenprüfung kam der Betriebsprüfer zu dem Ergebnis, dass die Klägerin einen gewerblichen Grundstückshandel betreibe und daher die erweiterte Kürzung zu versagen sei.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war erfolgreich; die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung liegen vor. Es liege kein gewerblicher Grundstückshandel vor. Nach ständiger Rechtsprechung gelte die Drei-Objekt-Grenze. Allerdings habe diese nur indizielle Bedeutung. Auch bei Veräußerung von weniger als vier Objekten könnten besondere Umstände auf eine dennoch vorliegende gewerbliche Betätigung schließen lassen. Etwa wenn das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft worden sei oder es von vornherein auf Rechnung oder nach Wünschen des Erwerbers bebaut werde. Im Streitfall sei die Klägerin nur vermögensverwaltend tätig geworden. Es habe keinen Hinweis auf eine frühzeitige Veräußerungsabsicht gegeben. Gegen eine unbedingte Veräußerungsabsicht sprächen auch die im Juli 2014 langfristig abgeschlossenen Darlehensverträge, mit denen das Objekt finanziert worden sei. Zudem sei die Sanierung nicht nach den Wünschen des Erwerbers erfolgt.
Hinweis: Sie möchten mehr zur sogenannten Drei-Objekt-Grenze wissen? Wir beantworten gerne Ihre Fragen.
Fundstellen:
FG Hamburg, Urt. v. 16.01.2023 – 5 K 89/22; www.landesrecht-hamburg.de
8. Schriftsteller, Künstler und Co.:
Erhöhte Betriebsausgabenpauschalen
Unternehmer können ihre tatsächlichen Betriebsausgaben von ihren Betriebseinnahmen absetzen und so den steuerpflichtigen Gewinn reduzieren. Manche Unternehmer können aber auch pauschale Betriebsausgaben geltend machen – und diese Pauschalen wurden durch das Bundesfinanzministerium nun mit Wirkung ab 2023 deutlich angehoben.
Es gibt folgende Pauschalen:
1. Fallgruppe
Hauptberufliche selbstständige schriftstellerische oder journalistische Tätigkeit:
- Betriebsausgabenpauschale in Prozent der Einnahmen: 30 %
- jährlicher Höchstbetrag: 3.600 EUR (zuvor: 2.455 EUR)
2. Fallgruppe
Wissenschaftliche, künstlerische oder schriftstellerische Nebentätigkeit (auch Vortrags- oder nebenberufliche Lehr- und Prüfungstätigkeit), soweit es sich nicht um eine Tätigkeit i. S. des § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz („Übungsleiterfreibetrag: 3.000 EUR“) handelt:
- Betriebsausgabenpauschale in Prozent der Einnahmen: 25 %
- jährlicher Höchstbetrag: 900 EUR (zuvor: 614 EUR); wird für alle Nebentätigkeiten, die unter die Vereinfachungsregelung fallen, nur einmal gewährt
Beachten Sie: Selbstverständlich haben die Steuerpflichtigen auch die Möglichkeit, etwaige höhere Betriebsausgaben nachzuweisen.
Merke: Mit Schreiben vom gleichen Tag wurden auch die Pauschalen bei der Kindertagespflege nach § 22 Sozialgesetzbuch VIII erhöht.
Fundstellen:
BMF-Schreiben vom 6.4.2023, Az. IV C 6 – S 2246/20/10002 :001; BMF-Schreiben vom 6.4.2023, Az. IV C 6 – S 2246/19/10004 :004
9. Bundesverfassungsgericht
…muss Erbschaftsteuer überprüfen
Eine Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer schüttet neues Öl in das als erloschen geglaubte Feuer der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Erbschaftsteuer. Ein Erbe prangert die Erbschaftsteuer auf geerbtes Privatvermögen an, weil es anders als Betriebsvermögen ohne Begünstigungen besteuert werde. Auch die bayrische Staatsregierung hat beschlossen, einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht einzureichen.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer klagte unter anderem gegen die Nichtberücksichtigung einer Nachlassverbindlichkeit und die Besteuerung eines geerbten Wertpapierdepots bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer auf den privaten Nachlass seiner Tante. Das Depot hätte nicht besteuert werden dürfen, weil die §§ 13a-c,19 und 28a Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) gegen Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 2 i. V. mit Art. 77 des Grundgesetzes verstoßen würden und damit verfassungswidrig seien.
Der Bundesfinanzhof hatte die Revision gegen das ablehnende Urteil des Finanzgerichts Münster nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hätte noch zur Rechtsfortbildung erforderlich wäre. Gegen diese Nichtzulassung hat der Kläger Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Das Gericht hat die Bundesrechtsanwaltskammer am Verfahren beteiligt und dessen Stellungnahme angefragt.
Die Bundesrechtsanwaltskammer gibt dem Kläger teilweise Recht. Er sei zumindest in seinem Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzt. Die Kammer trägt in ihrer Stellungnahme detaillierte Gründe dafür vor, dass die Verfassungsmäßigkeit der gerügten und im Zuge der Erbschaftsteuerreform 2016 modifizierten §§ 13a, 13b, 13c, 19 und 28a ErbStG bisher noch nicht vom Bundesfinanzhof geprüft worden sei – sondern nur die Vorschriften der vorherigen Rechtslage. Letztlich hält die Bundesrechtsanwaltskammer die Regelungen für ernstlich zweifelhaft und fordert die verfassungsrechtliche Überprüfung. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs sei aufzuheben und neu zu prüfen. Es bleibt abzuwarten, ob die Frage nach der vermeintlich übermäßigen Begünstigung von Betriebsvermögen neu aufgerollt wird.
Inzwischen hat auch die bayrische Staatsregierung beschlossen, einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Beanstandet wird, dass die Steuerfreibeträge seit 2008 nicht mehr angepasst wurden, obwohl Haus- und Bodenpreise stark gestiegen seien. Viele Erben seien zum Verkauf gezwungen, weil sie die Erbschaftsteuer nicht aufbringen könnten.
Fundstellen:
BFH, Beschluss vom 17.1.2022, Az. II B 49/21; Verfassungs-beschwerde Az. 1 BvR 804/22; BRAK
10. Erben und Verschenken:
Rechtzeitige Planung spart Steuern
Viele Menschen scheuen sich vor einer frühzeitigen Übertragung ihres Vermögens auf die nächste Generation, wenngleich es steuerlich häufig sinnvoll ist, Vermögen noch zu Lebzeiten zu übertragen. Aber auch im Erbfall können durch manchmal nur einfache Gestaltungen deutliche Ersparnisse bei der Schenkung- und Erbschaftsteuer erzielt werden. Hier haben wir einige Möglichkeiten für Sie zusammengestellt.
Freibeträge:
Durch diverse Freibeträge, die alle zehn Jahre neu gewährt werden, lässt sich der Erbschaft- und Schenkungsteuerzugriff vermeiden oder senken. Wer also frühzeitig beginnt, Vermögen zu übertragen, kann diese Beträge mehrmals ausschöpfen. Eheleute dürfen sich alle zehn Jahre 500.000 € steuerfrei schenken und ein Kind darf im Zehnjahresturnus sogar 400.000 € von jedem Elternteil steuerfrei erhalten. Handlungsbedarf für eine vorweggenommene Erbfolge besteht also insbesondere bei Vermögen oberhalb der Freibeträge und bei Übertragungen zwischen entfernten Verwandten oder Nichtverwandten.
Testamentarische Vermächtnisse:
Durch testamentarische Vermächtnisse können Freibeträge gegenüber „Nichterben“ steuerlich genutzt werden. Besonders beliebt ist diese Gestaltung, wenn der Ehegatte als Alleinerbe eingesetzt wird, und die Kinder erst bei dessen Versterben erben sollen. Hier können sich durch Vermächtnisse zugunsten der Kinder überraschend hohe Erbschaftsteuerersparnisse ergeben. Hier werden inzwischen Testamente anerkannt, die es dem Erben ermöglichen, über die Höhe und Art der Vermächtnisse (mit) zu entscheiden. Dazu muss das Testament verschiedene Rahmenbedingungen einhalten.
Versorgungsleistungen:
Soll eine Unternehmensnachfolge im Mittelstand eingeleitet werden, kommt unter anderem eine Schenkung des Betriebs gegen Versorgungsleistung in Betracht. Die schenkende Person wird dann finanziell über eine lebenslange Leibrente abgesichert.
Nießbrauchsvorbehalt:
Wenn Immobilien zu Lebzeiten an die künftigen Erben verschenkt werden, kann sich der Schenker ein sogenanntes Nießbrauchsrecht vorbehalten. Dadurch kann er die verschenkte Immobilie weiter nutzen oder vermieten, wobei ihm weiterhin die Mieteinnahmen zustehen. Gleichzeitig wird der Wert der Schenkung durch den Kapitalwert des Nießbrauches steuerlich gemindert.
Steuerfreies Familienheim:
Bewohnt ein Erbe eine Nachlassimmobilie selbst für mindestens zehn Jahre nach der Erbschaft, fällt keine Erbschaftsteuer an. Allerdings muss er innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbanfall in die Immobilie einziehen und darf sie dann während der Zehnjahresfrist weder verkaufen noch vermieten oder verpachten. Bei Kindern ist die Steuerbefreiung auf eine Immobilie mit einer Wohnfläche von 200 qm begrenzt.
Erbausschlagung:
Unter Umständen ist es sogar vorteilhaft, ein Erbe auszuschlagen. Dies gilt nicht nur, wenn das Erbe aus Schulden besteht, sondern auch dann, wenn es so hoch ist, dass die persönlichen Freibeträge deutlich überschritten werden. Schlägt beispielsweise ein als Alleinerbe eingesetzter Ehegatte die Erbschaft zugunsten der gemeinsamen Kinder aus, dann verteilt sich das Erbe auf mehrere Personen, so dass jede von ihnen ihre Freibeträge nutzen kann.
Hinweis: Um alle steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen, ist professioneller Rat empfehlenswert. Vor allem bei Immobilien und Betrieben sollten Sie uns als Ihre steuerlichen Berater in die Überlegungen einbeziehen.
Fundstellen:
Steuerberaterkammer Stuttgart, Pressemitteilung 3/2023 v. 02.03.2023; www.stbk-stuttgart.de